Fragen zur Osteopathie

Entstehung der Osteopathie:

Der amerikanische Arzt und Begründer der Osteopathie, Dr. Andrew Taylor Still, erfand vor 150 Jahren die Osteopathie und stellte deren osteopathische Prinzipien auf. Seit Entstehung der Osteopathie hat sich deren Theorie und Praxis kontinuierlich weiterentwickelt, in den USA ebenso wie in Europa und anderen Teilen der Welt. Osteopathie ist eine Wissenschaft, die sich auf sehr genaue anatomische und physiologische Kenntnisse stützt, die neusten wissentschaftlichen Entwicklungen in ihre Gedanken einbezieht und umsetzt.

Die Osteopathie ist eine angewandte, komplementäre Medizin. Es gibt nur drei große Säulen der komplementären Medizin, dazu gehört die klassische Homöopathie, die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und die Osteopathie. Sie alle bedienen sich eines Gedankenmodells (Philosophie) und basieren auf einen strukturierten Aufbau bzw. auf ein strukturiertes Konzept - beginnend mit einer umfangreichen Diagnostik und der darauf abgestimmten Therapie.

Die osteopathische Behandlung erfolgt ausschließlich mit den Händen, dabei versucht der gut geschulte Therapeut, funktionelle und strukturelle Störungen wahrzunehmen und zu behandeln. Der Mensch wird in all seinen Ebenen von Körper, Geist und Seele in seiner Ganzheit betrachtet und vom Therapeuten wahrgenommen.


Grundgedanke der Osteopathie:

Die Osteopathie nimmt die Mechanik, sprich Bewegung, des Körpers als Lebensgrundlage an ("Leben ist Bewegung") und sieht eine Einschränkung von Beweglichkeit als Quelle für Funktionsverlust und Krankheit. Bewegungsverlust und damit Funktionsverlust kann jedes Körperteil (z.B. Gelenke), Gewebe aber auch jedes Organ treffen. Ist die Beweglichkeit eingeschränkt, entstehen aus Sicht der Osteopathie zunächst Gewebespannungen und darauf folgende Funktionsstörungen. Die Summe dieser Fehlfunktionen kann der Organismus aus Sicht der Osteopathie nicht mehr kompensieren - es entstehen Beschwerden.

Bei der Ursachenforschung von Beschwerden des Menschen steht eine Strukturstörung mit folgender Fehlfunktion im Vordergrund. Alle Vorgänge im Körper (Gelenke, Gewebe, Organe), die nicht der "normalen" Funktion entsprechen, können so als "Dysfunktion" beschrieben werden und diese gilt es aufzuspüren und zu beheben. Die Osteopathie behandelt demzufolge keine Krankheiten im eigentlichen Sinne, sondern Bewegungsstörungen im weitesten Sinne.

Unser Organismus besteht aus unzähligen Strukturen, die alle direkt oder indirekt miteinander zusammenhängen. Den Zusammenhang stellen die Faszien her, dünne Bindegewebshüllen, die jede Struktur umgeben und gemeinsam eine große Körperfaszie bilden.
"Die Faszie ist die Stelle, an der die Ursache von Krankheiten zu beobachten ist und sie ist die Stelle, die untersucht wird und an der die Behandlung ansetzen sollte." (Dr. A. T. Still). Das gesamte Bindegewebe hat eine regulierende und begleitende Funktion und ist in der Gestaltung der Organsysteme wegweisend.


Wie sieht eine Behandlung in der Osteopathie aus?

Zuerst gilt es, den Funktionsverlust zu erkennen und die mögliche Ursache zu ertasten. Spannungen und Ungleichgewichte im Körper aufzusuchen, zu identifizieren und zu behandeln setzt ein langes und intensives Training des Tastvermögens voraus. Die osteopathische Behandlung erfolgt mit eigens entwickelten osteopathischen Techniken. Ziel ist es, die Selbstheilungskräfte des Patienten positiv durch die erlangte Bewegungsverbesserung der betroffenen Struktur anzuregen. Der Mensch kommt auf natürliche Art und Weise wieder ins Gleichgewicht.

Osteopathie beschränkt sich nicht auf die Behandlung einzelner Symptome, sondern sieht immer den Menschen als Ganzes. Behandelt werden daher auch keine Krankheiten, sondern Menschen. Deshalb ist es auch nicht sinnvoll, Indikationen für die Osteopathie anzugeben. Die Beseitigung von Symptomen ist im Grunde nicht Ziel der Behandlung, sondern nur ein Ergebnis der Auflösung von Einschränkungen osteopathischer Dysfunktionen jeder Art.

Bevor eine osteopathische Behandlung begonnen wird, ist es manchmal ratsam, eine einhergehende schulmedizinische Diagnostik voranzustellen. Auch Befunde aus früheren medizinischen Untersuchungen sind hilfreich. Die Osteopathie ergänzt in vielen Fällen die klassische Schulmedizin, ersetzt diese aber nicht. Eine osteopathische Behandlung dauert zwischen 30 und 50 Minuten. Jede neue Therapiesitzung wird individuell auf die Symptome des Patienten abgestimmt. Der genaue Verlauf der Behandlungen ist vom Einzelfall abhängig.


Die Osteopathischen Prinzipien


1. Der Körper ist eine unteilbare Einheit.

Unser Organismus besteht aus unzähligen Strukturen, die alle miteinander direkt oder indirekt zusammenhängen. Den Zusammenhang stellen die Faszien her, dünne Bindegewebshüllen, die jede Struktur umgeben und gemeinsam eine große Körperfaszie bilden. In der Schulmedizin finden die meisten Faszien kaum Beachtung. Für die Osteopathie sind sie dagegen von großer Bedeutung. Denn folgt der Osteopath mit seinen Händen einer Faszie, so gelangt er von einer Körperstruktur zur nächsten. Faszien verbinden auch solche Strukturen, die funktionell nichts miteinander zu tun haben. Faszien können zudem Veränderungen übertragen, wie etwa Funktionsstörungen. Dies erklärt, warum Ursachen an einer Stelle oft zu Beschwerden in ganz anderen Körperregionen führen. Funktionsstörungen können deshalb immer den gesamten Organismus betreffen.


Darum behandelt die Osteopathie nie einzelne Beschwerden oder Krankheiten, sondern immer den Patienten in seiner Gesamtheit. Nicht die einzelne Beschwerde ist wichtig, sondern, dass der Organismus als Ganzes einwandfrei funktioniert.

2. Struktur und Funktion sind reziprok zueinander und gegenseitig von einander abhängig.

Unser Körper besteht aus unzähligen Strukturen wie Knochen, Muskeln, Sehnen und Organen. Ein Knochen beispielsweise ist eine harte Struktur, die dem Körper Halt gibt, für Festigkeit sorgt und vor Druckbelastung oder Zugbelastung schützt. Ein Muskel hingegen kann sich zusammenziehen und dehnen und ermöglicht so erst den Knochen, sich zu bewegen. Es ist jeweils die Funktion, die eine Struktur zu dem macht, was sie ist.

Ändert sich die Funktion, dann ändert sich auch die Struktur. So wächst ein Knochen, wenn er ständig unter Druck- und Zugbelastung steht, genauso wie ein Muskel stärker wird. Werden Knochen oder Muskeln nicht mehr gebraucht, dann werden sie schwach und verkümmern. Gleiches gilt für alle anderen Strukturen des Körpers: ein Mehr an Funktion führt meist zu einem Mehr an Struktur und umgekehrt.


Für die Osteopathie ist dieses Prinzip der gegenseitigen Abhängigkeit von Struktur und Funktion wichtig. Denn Funktionsstörungen zeigen sich als beeinträchtigte Bewegungen einer Struktur. Indem der Osteopath die Bewegungen überprüft, kann er eine Funktionsstörung feststellen. Anschließend hilft der Osteopath mit seinen manuellen Techniken der Struktur zu ihren ursprünglichen Bewegungen zurückzufinden. Stimmen die Bewegungen der Struktur wieder, dann kann diese erneut in vollem Umfang funktionieren.

3. Der Körper besitzt die Fähigkeit zur Selbstregulation (Selbstheilung, Homöostase).

Die Fähigkeit unseres Körpers, Gesundheit zu halten oder bei Erkrankung wiederzuerlangen, verdanken wir seinen Selbstheilungskräften. Diese zeigen sich auf vielfältige Weise, etwa wenn gerinnendes Blut eine Wunde verschließt, wenn Bakterien bei Entzündungen abgewehrt werden, wenn unser Körper nach einer Viruserkrankung gegen die gleiche Erkrankung immun wird oder wenn ein Knochen nach einem Bruch wieder zusammenwächst.


Meist entstehen Beschwerden oder Erkrankungen, weil eine Bewegungseinschränkung eine Struktur daran hindert, richtig zu funktionieren. Eine solche Funktionsstörung kann früher oder später sogar die Struktur schädigen. Daher wird ein Osteopath immer versuchen, Bewegungseinschränkungen zu lösen. Damit unterstützt er die Selbstheilungskräfte, die dann voll wirken können. Mehr kann ein Osteopath nicht tun. Heilen kann sich unser Körper nur selbst.